75 Jahre Kantorei Leonhard Lechner!
Im Jahre 1950 wurde im Kloster Muri-Gries in Bozen die Kantorei
„Leonhard Lechner“ gegründet, in der Absicht, dem Südtiroler Musikleben auf vokalem und instrumentalem Gebiet neue Impulse zu geben, zumal die politische Abtrennung Südtirols vom Mutterland Österreich auch eine kulturelle Isolation unseres Landes bedeutete. 1949 kam Dr. Anton Mayr, gebürtig aus Terlan, nach Gries, wo ihm das Amt des Stiftskapellmeisters und Organisten übertragen wurde. Er leitete auch den Stiftspfarrchor St. Augustin. Zum Zweck der musikalischen Erneuerung gründete Anton Mayr 1950 im Kloster Muri-Gries eine Kantorei und gab ihr den Namen des größten Südtiroler Musikers Leonhard Lechner (1553 – 1606). 1950 wurde P. Oswald Jaeggi, OSB, ein gleichgesinnter Musiker aus Einsiedln in der Schweiz, nach Gries geholt, um den schwer erkrankten Anton Mayr zu unterstützen. Nach dessen Tod am 13. August 1952 führte Jaeggi sein Werk mit ungebrochenem Schwung weiter. Im November 1952 konnte er auch Anton Mayrs Herzensprojekt verwirklichen und den Kammerchor „Leonhard Lechner“ aus der Taufe heben. Bereits 1955 begann P. Oswald Jaeggi mit dem Aufbau einer kirchenmusikalischen Studienbibliothek, um den zahlreichen Südtiroler Chören die entsprechende Literatur aus dem benachbarten deutschen Kulturkreis zu beschaffen. Diese Abteilung ermöglichte es den vielen Südtiroler Chorleitern, Einblick in die veröffentlichten Notenwerke zu bekommen und diese auch für die tägliche Arbeit auszuleihen.
Als Verein mit organisatorischen Strukturen formierte sich die Kantorei Leonhard Lechner erst ab Mitte der 1960er Jahre. Die notarielle Gründung des Vereins und die Hinterlegung der Statuten erfolgten im Herbst 1981. 2008 wurde die Kantorei Leonhard Lechner per Dekret in das Landesverzeichnis der ehrenamtlich tätigen Organisationen aufgenommen. Im November 2022 erfolgte die Eintragung des Vereins in das nationale Einheitsregister für den Dritten Sektor – RUNTS. Dadurch wurde das Zusatzkürzel EO – ehrenamtliche Organisation – zum verpflichtenden Bestandteil des Namens. Nach mehrmaligen Anpassungen und Änderungen der Vereinsstatuten wurde die aktuell gültige Satzung am 26. März 2024 registriert.
Trotz ihres nunmehr 75-jährigen Bestehens hatte bzw. hat die Kantorei Leonhard Lechner EO erst vier Obleute an ihrer Spitze: Erster Vorsitzender der Kantorei war (Alt-)Senator Dr. Karl Mitterdorfer, sein Stellvertreter war Luis Pichler „Giulay“. Auf Mitterdorfer folgte 1991 P. Urban Stillhard, OSB, welcher der Kantorei bis 2009 vorstand. Als dritter Vorsitzender leitete Ivo Martinolli die Kantorei von 2009 bis 2022. Im April 2022 übernahm Heike Tschenett als erste Frau den Vorsitz der Kantorei L. Lechner EO. Der Vereinssitz befindet sich nach wie vor im Kloster Muri-Gries in Bozen/Gries.
Der Stiftspfarrchor „St. Augustin“ Gries, der bereits seit dem 17. Jahrhundert bestand, als in Gries noch die Augustiner Chorherren beheimatet waren, wurde das erste Mitglied der neu gegründeten Kantorei.
Im November 1952 rief P. Oswald Jaeggi einige interessierte Sänger:innen zusammen, mit mit dem Vorhaben, sich der Pflege der guten Chormusik zu widmen. Es war dies die Geburtsstunde des Kammerchores „Leonhard Lechner“. Der Bereich, den dieser gemischte Chor hauptsächlich abdeckt, ist die feine Kunst des a-cappella-Gesanges. Der Kammerchor gehört zu den führenden Chören der Südtiroler Chorlandschaft, dies auch dank seiner hervorragenden Chorleiter seit 1952: P. Oswald Jaeggi, OSB, Willi Seebacher, Prof. Johanna Blum, Prof. Othmar Trenner und seit 2013 Domkapellmeister Mag. Tobias Chizzali.
Bereits 1953 wurde der Kinderchor der Kantorei L. Lechner gegründet. Dazu hatte P. Oswald Jaeggi die private Kindersingschule und den „Bozner Kinderchor“ von Prof. Johanna Blum als eigene Abteilung der Kantorei eingegliedert. Ziel war es, mit Singkursen der singfreudigen Schuljugend eine gute musikalische Grundausbildung zu vermitteln. Aus dem Kinderchor, der seit 2003 bei der Musikschule Bozen-Gries angesiedelt ist, entstand später auch ein Mädchenchor; daraus formierte sich 2003 der gemischte Jugendchor der Kantorei L. Lechner.
2015 neu in die Kantorei „Leonhard Lechner“ aufgenommen wurde die Choralschola Griesensis, welche sich aber schon seit 1995 regelmäßig der Pflege der Choralmusik gewidmet hatte.
Ein weiteres Tätigkeitsfeld der Kantorei ist die Organisation, Durchführung und Bewerbung von qualitativ hochwertigen Konzerten in den verschiedenen Grieser Kirchen, in Zusammenarbeit mit dem Konvent der Benediktiner von Muri-Gries, welche die kulturelle Tätigkeit der Kantorei seit ihrem Beginn großzügig unterstützen. Kantorei und Kloster laden immer wieder Orchester, Chöre, Ensembles und Solisten aus Südtirol und seinen Nachbarländern zum Konzertieren ein.
Im Rahmen der Gesangsausbildung bietet die Kantorei „Leonhard Lechner“ ihren Mitgliedern und anderen Interessierten ab dem 15. Lebensjahr Stimmbildungskurse im Bereich Chor-, Ensemble- und Sologesang an.