Kinderchor der Kantorei

Der Kinderchor der Kantorei 1975, Ltg. Gottfried Veit

Die Geschichte des Kinderchores der Kantorei L. Lechner beginnt schon sehr früh und geht zurück auf Prof. Johanna Blum. Bald nach Kriegsende hat sie konsequent und mit unermüdlichem Einsatz auf ihr großes Ziel – den Aufbau der Musikschulen in Südtirol – hingearbeitet. Landesrat Anton Zelger hat sie deswegen einmal als „Mutter der Südtiroler Musikschulen“ bezeichnet. – Nach einigen Jahren im Ausland bzw. in Brixen kehrte Johanna Blum im Juni 1945 in ihre Heimatstadt Bozen zurück, wo sie sogleich eine private Kindersingschule eröffnete. Diese Kindersingkurse hatten einen enormen Zulauf, sodass Blum bald einen Kinderchor bilden konnte, der als „Bozner Kinderchor“ auch außerhalb von Bozen in der Öffentlichkeit auftrat. Als Stiftskapellmeister Dr. Anton Mayr 1950 im Benediktinerkloster Muri-Gries die Kantorei „Leonhard Lechner“ gründete, half fallweise auch Prof. Blum als Organistin in Gries aus. Nach Mayrs Tod am 13. August 1952 begann ihre ständige Mitarbeit als Organistin beim Stiftspfarrchor „St. Augustin“ Gries.

1953 machte P. Oswald Jaeggi OSB, der nun Leiter der Kantorei und Stiftskapellmeister war, Prof. Johanna Blum den Vorschlag, ihre Kindersingschule und den „Bozner Kinderchor“ als eigene Abteilung in die Kantorei einzugliedern und zu führen. Blum leitete den Kinderchor der Kantorei Leonhard Lechner, wie er nun hieß, bis 1964. Damals führte der Kinderchor u.a. die Kantaten „Die alte Lokomotive“ von C. Bresgen sowie „Die Bremer Stadtmusikanten“ von H. Bergese auf und wirkte auch bei den Kantorei-Aufführungen des Oratoriums „Die Seligen“ von J. Haas und der „Matthäuspassion“ von J. S. Bach mit.

Im Anschluss an Prof. Johanna Blum leitete Gottfried Veit den Kinderchor zwei Jahrzehnte lang, von 1964 bis 1984. In seiner Zeit trat der Kinderchor der Kantorei bei zahlreichen Gelegenheiten an die Öffentlichkeit: bei eigenen Veranstaltungen genauso wie als Mitwirkende bei Konzerten der Kantorei Leonhard Lechner und anderen Gelegenheiten. Hier eine Auswahl seiner szenischen Darbietungen: die Weihnachtskantate „Das Christkindelspiel“ von F. Reusch, die Kantate „Armer, kleiner Tanzbär“ von C. Bresgen und die Kinderoper „Rumpelstilzchen“ von E. Werdin. Zu konzertanten Aufführungen kamen etwa „Der Rattenfänger von Hameln“ von G. Kretschmar, „Der Struwwelpeter“ von C. Bresgen und die zwei Kantaten „Max und Moritz“ und „Till Eulenspiegel“ von G. Kretschmar. Sehr oft trat der Kinderchor der Kantorei auch im Rundfunk und im Fernsehen des damaligen Rai Senders Bozen auf und wirkte bei Fernsehfilmen und -produktionen mit. – Gemeinsam mit dem Kammerchor L. Lechner und dem Stiftspfarrchor St. Augustin führte der Kinderchor den „Psalmus Hungaricus“ von Z. Kodály auf und beteiligte sich auch an der Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von E. Humperdinck in Bozen und Innsbruck.

Der Kinderchor der Kantorei 1984 im Waltherhaus, Ltg. Gottfried Veit
Der Kinderchor der Kantorei 1975, Ltg. Gottfried Veit, am Klavier Max Ploner

Der Kinderchor der Kantorei L. Lechner gestaltete immer auch Gottesdienste und liturgische Feiern in Gries mit, z.B. am Heiligabend und bei der Erstkommunion.

Der Kinderchor der Kantorei 1983 in der Stiftspfarrkirche Gries, Ltg. Gottfried Veit

Nach Gottfried Veit führte ein Jahr lang Alois Mitterer den Kinderchor der Kantorei, auf welchen dann Ida Pamer folgte, die ihn 10 Jahre lang, von 1985 bis 1995, leitete. Seit 1995 bis heute leitet Barbara Pichler den Kinderchor, der aber seit Herbst 2001 nicht mehr zur Kantorei L. Lechner gehört, sondern Teil der Musikschule Bozen-Gries ist.

Es sei an dieser Stelle betont, dass die Kantorei L. Lechner in Gries – so wie der Männergesangverein Bozen in der Altstadt – ganz wesentlich zum Aufbau des Musikschulwesens in Bozen beigetragen hat. Beide privaten Vereine haben innerhalb ihrer Räume sowohl Singklassen als auch Instrumentalkurse in verschiedenen Fächern angeboten. Die Kantorei L. Lechner führte praktisch eine Musikschule und hatte auch in Neugries eine Zweigstelle, mit Gottfried Veit als Direktor. Es gab in der Kantorei auch einen Schulchor und eine Singgruppe. Aus der Singgruppe Gries ist 1986 der Mädchenchor der Kantorei L. Lechner hervorgegangen, der bis 2001/2002 bestand und von Isa Pichler, der Mutter von Barbara Pichler, geleitet wurde. –

Allmählich sind die privat organisierten Sing- und Instrumentalkurse durch das Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache übernommen worden und alle Schulstellen zur einzigen Musikschuldirektion Bozen zusammengefasst worden. Wie schon erwähnt, ist in diesem Zuge Anfang der 2000er Jahre auch der Kinderchor der Kantorei L. Lechner Teil der Musikschule Bozen-Gries geworden und gehört somit heute zur Südtiroler Landesmusikschule.

Unvergessliche Erlebnisse waren zwei Aufführungen mit dem Haydn-Orchester, an denen der Kinderchor unter der Leitung von Barbara Pichler mitwirken durfte: „Carmina Burana“ und ein Weihnachtskonzert. Auch mit dem Grieser Theaterverein gab es eine gemeinsame Produktion, nämlich 2003 „Die Henne Olga“.

Weitere besondere Aufführungen:

2005 – Kino Kunterbunt
2011 – Max und die Käsebande
2013 – Hänsel und Gretel, Stadttheater Bozen
2013 – Hänsel und Gretel, Stadttheater Bozen
2017 – Austauschkonzert mit der Musikschule Rankweil aus Vorarlberg

Da Barbara Pichler nicht nur den Kinderchor der Kantorei – jetzt Musikschule Bozen-Gries – leitete, sondern auch den 2003 neu gegründeten Jugendchor der Kantorei L. Lechner, kam es immer wieder zu gemeinsamen Projekten und Auftritten, z.B. bei den Aufführungen „Schule gestern, Schule heute“ (2008) und „Guten Abend, gute Nacht“ (2010) oder beim Konzert „Leben ist Reisen, Reisen ist Leben“ im Rahmen der Prüfungsarbeit von Magdalena Masé (2013).

2013 – Leben ist Reisen, Reisen ist Leben

Um die Entstehung des Kinderchores innerhalb der Kantorei L. Lechner und seine herausragende Tätigkeit vor dem Vergessen zu bewahren und diese besondere Geschichte auch nach außen hin sichtbar zu machen, hat die Vorsitzende der Kantorei L. Lechner EO, Heike Tschenett, die Idee der Bozner Musikschuldirektorin Gretl Pohl aufgegriffen, den Kinderchor der Musikschule Bozen-Gries nach Leonhard Lechner, dem Namensgeber der Kantorei, zu benennen. Der Vorschlag wurde vom Vorstand der Kantorei L. Lechner gutgeheißen und fand auch bei der Landesmusikschuldirektorin Alexandra Pedrotti Zustimmung. Somit heißt nun seit September 2023 der Kinderchor der Musikschule Bozen-Gries offiziell Kinderchor „Leonhard Lechner“ und führt diesen Namen auch sichtbar bei allen schulinternen und öffentlichen Auftritten. Die erforderliche formalrechtliche Streichung des Kinderchores als Mitglied bzw. Abteilung der Kantorei L. Lechner erfolgte im März 2024.

Sowohl die Kantorei L. Lechner EO als auch die Musikschule Bozen-Gries sind bestrebt, die historisch enge Verbindung und die gute Zusammenarbeit auch weiterhin in Form von gemeinsamen Konzerten und Auftritten fortzuführen. So hat der Kinderchor „Leonhard Lechner“ z.B. beim Konzert des Jugendchores der Kantorei „Singend durch die Zeit“ im Mai 2024 mitgewirkt und beteiligt sich auch an der „Kantorei-Nacht“ am 16. Mai 2025, anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der Kantorei Leonhard Lechner.

Aktuell, d.h. im Schuljahr 2024/2025, hat der Kinderchor „Leonhard Lechner“ der Musikschule Bozen-Gries 28 Mitglieder. Die Kantorei L. Lechner hofft, dass einige davon später den Weg zum Jugendchor der Kantorei finden werden.